Mehr Speed
Schöne neue Arbeitswelt… Ja, ganz im Ernst, ich finde viele Entwicklungen ganz prima. Mehr Flexibilität, mehr Augenhöhe, mehr Nahbarkeit und in den Wissensbereichen auch ganz viel mehr Freiraum zum Ausprobieren und Lernen. Ich habe das Glück in einem Umfeld zu arbeiten, wo ich das alles nutzen und genießen kann.
Eine Entwicklung, die ich allerdings auch feststelle, ist der immer öfter geäußerte Wunsch nach „mehr Speed“. Kann ich auch verstehen. Als global player gilt es auch in Deutschland mit dem Tempo und der Dynamik z.B. der Chinesen mitzuhalten. Kommt eine neue Idee auf, dann haben die schon ein neues Gebäude gebaut, während wir noch drüber philosophieren, ob die Farbe auf dem Plakat auch schön genug ist.
Was ich natürlich auch weiß, unsere Leader sind unter Druck und haben als Eigenschaften ganz oft „extreme Ungeduld“ gepaart mit hohem Gestaltungswillen.
Als Menschen-Bewegerin stehe ich jedoch manchmal da und frage mich, ob das alles immer und überall so geht. Mehr Speed beim in-Bewegung-bringen? Geht es um Arbeitskultur und Verhalten, dann braucht es doch auch etwas Substanz in den Konzepten. „Mit Geld spielt man nicht“… altes Zitat… und mit Menschen sollte man es auch nicht tun. Spielen ist zwar toll, aber nur richtig eingesetzt. In den Konzepten für das in-Bewegung-bringen dürfen wir verrückt sein, dürfen wir spinnen, dürfen wir auch schnell sein. Tempo macht auch Spaß.
Aber „mehr Speed“ als grundsätzlicher Management-Reflex birgt die Gefahr der Oberflächlichkeit in der Kulturveränderung. Dann erzeugen wir nur Initiativen, die letztlich hohl sind. Ich bin überzeugt, dass die Menschen hier sehr, sehr sensibel sind.
Dies ist kein Plädoyer für Langsamkeit oder Perfektionismus, der liegt mir ohnehin ganz fern… In mir ist jedoch ein tiefer Wunsch nach mehr Achtsamkeit… achtsam zu erforschen, was wirklich nötig und wirksam ist. Tempo wo möglich, Innehalten wo nötig….