Gerechtigkeit neiden
Ist Facebook eine Inspirationsquelle? Für mich manchmal schon! Dort fand ich neulich einen Artikel der FAZ über Richard David Precht; In dem Artikel äußert sich der Journalist abfällig über den (in seiner Beschreibung völlig zufälligen) Erfolg des Philosophen Precht. Abgesehen davon, dass mir der Artikel nicht gefiel, hat mich das Thema „Neid“ – denn als solches habe ich es interpretiert – zum Nachdenken gebracht…
„Neid bezeichnet den Wunsch der neidenden Person, selbst über mindestens als gleichwertig empfundene Güter (materiell oder immateriell) wie die beneidete Person zu verfügen.“ (Wikipedia).
Neid ist etwas, was mir einfach nicht entspricht. Wenn andere mehr haben – was auch immer - schön für sie. Wenn andere mehr Erfolg haben, mehr verdienen, mehr was auch immer besitzen, können, sind… es ist mir egal, oder es freut mich für diejenigen. Ich glaube, so war ich schon immer… heute bin ich es bewusst, ich entscheide für mich, so sein zu wollen: Nicht neidisch!
Es begegnet mir aber auch immer wieder mal, dass ich nicht zur Zuschauer bin, sondern mit dem Neid Anderer konfrontiert werde: Entweder mit dem Neid auf Dinge/ Erfolge/ … auf mich (mag ich nicht, aber kostet mich in er Regel nur ein leicht gekrampftes Lächeln), oder aber mit dem Neid in meinem Umfeld. Und da kann es zu Situationen kommen, die mich sprachlos oder völlig traurig machen. Das sind dann öfter Führungssituationen, die den Führungskräften unter Euch sicher nicht fremd sind. Da neidet die (oder der) Eine der (oder dem) Anderen z.B. ein erkämpftes Privileg und am Schlimmsten: Nicht mit offenem Visier und klarer Forderung nach „will ich auch“, sondern in Form einer „Hinter-dem-Rücken-mit-anderen-lästern-Gerechtigkeits-Debatte“. Neid und seine Mitspielerin, „die Gerechtigkeit“.
Aber was ist schon gerecht? Ist es dann gerecht, wenn alle das Gleiche haben oder dürfen? Das will ja Niemand. Aber schon die Debatte darüber, wieviel ein Vorstandsvorsitzender mehr verdienen darf, als ein einfacher Arbeiter zeigt die Absurdität eines angemessenen Gerechtigkeitsbegriffs.
Ist es im Führungsalltag gerecht, wenn alle die gleiche Anerkennung, die gleiche Aufmerksamkeit, das gleiche Lob für Leistung bekommen? Nein, das ist natürlich Schwachsinn! Aber es geht natürlich um einen Tauschhandel: Talent und Engagement gegen Geld und Anerkennung. Und wie viel Unterschied, vielleicht auch zur Selbstwahrnehmung, wird ertragen?
Für mich ist Gerechtigkeit in der Führung, genau hinzuschauen und einen bewussten Unterschied zu machen. Gleichheit wäre dann in meinen Augen Ungerechtigkeit. Diese Interpretationshoheit zu haben und sehr achtsam zu nutzen, das ist Führung.
Und in der Selbstführung ist es sicher hilfreich sich bei aufkeimendem Neid zu fragen: 1. Was kostet mich mein Denken? 2. Wäre ich bereit all das zu tun, was getan werden müsste, um das Gleiche zu haben oder zu erleben? 3. Wie weit bin ich bereit meine Komfortzone zu verlassen? 4. Hat sich dann sicher schon erledigt! :-)
Neid ist leider ein gesellschaftliches Phänomen geworden, die sozialen Medien sind voll davon und liefern einen „wichtigen“ Beitrag. Gerne wird auch folgendes Zitat in diesen Zusammenhang gestellt: „Neid ist die höchste Form der Bewunderung!“ Auch wenn ich mich dieser Logik nicht ganz entziehen kann… Ob Neid oder Bewunderung - egal wie, es ist nicht Augenhöhe, und damit nicht sinnvoll!
Ob Richard David Precht seine Klugheit nutzt, um damit viel Geld zu verdienen. Ob andere Menschen Erfolg mit Erstaunlichem oder Sonderbarem haben… all das hat doch überhaupt nichts mit mir zu tun. Und mit den Neidischen auch nicht. Neid macht nur ein schlechtes Gefühl, ändert gar nichts und ist damit völlig überflüssig!