Das Weniger
Als ich im Sommer im herrlich klaren Lago rumschwamm, da regte sich in mir der starke Wunsch, mein Zuhause aufzuklaren. Soll heißen, ich wollte es entrümpeln, durchkramen, sortieren… Klingt jetzt vielleicht, als würde ich auf einer kleinen Müllhalde wohnen – nein, so ist es nicht. Das tolle, klare Wasser hatte mich wohl inspiriert.
Ich habe immer wieder so Anfälle von extremer Räumwut, dann fräse ich mich durch… kurz und heftig.
Als ich also in meinem Lago schwamm, da dachte ich mir, dass ich es dieses Mal anders machen wollte: Und zwar habe ich mich entschlossen, ein Jahresprojekt zu starten – ein Jahr lang, jeden Tag etwas entsorgen, verschenken, verkaufen.
Das mache ich jetzt bereits seit drei Monaten – mit wachsendem Vergnügen. Und ich führe eine Liste (in Excel! Das betone ich, weil jeder der mich kennt, mir das nicht zutraut! :-)). Ein voller Beutel mit nicht mehr so schönem Weihnachtsdekozeugs in den Müll, ein paar coole Schuhe für die Freundin, und ein inzwischen unbenutzter Koffer zu Ebay. Jeden Tag! Da kommt ganz schön was zusammen. Jeden Tag eine Zeile in der Liste. Jeden Tag „das Weniger“. Jeden Tag ein Stück mehr Luft und Essenz.
Abgesehen davon, dass mir solche Routinen unglaublich guttun - ich vermute, es liegt an meinem sonst bunten, unvorhersehbaren, anstrengenden Berufsleben - passiert etwas sehr Interessantes: Jeden Tag wird mir klarer, wieviel Zuviel sich ansammelt – und ich betone: Ich bin kein Sammler. Ich mag Schönes und ich finde, auch Wohnstil drückt Persönlichkeit aus. Vielleicht habe ich auch manchmal etwas wenig Zeit, alles gleich ganz ordentlich zu sortieren. Ich spüre aber, wie gut “das Weniger” mir tut. Ich genieße es aber auch, nicht systematisch vorzugehen. Ich arbeite mich nicht von Raum zu Raum, sondern lasse mich von meiner Lust leiten. Heute mal die Gewürze, morgen vielleicht die Schuhe, übermorgen … ja schauen wir, wonach mir der Sinn steht.
Gerade jetzt in dieser konsumterroristischen Vorweihnachtszeit ist es so wohltuend (und natürlich ressourcensparend, vernünftig, gar nicht langweilig…), gar kein Bedürfnis zu haben, hier und da etwas Kleines zu kaufen. Geschenke, die ich dennoch machen möchte, werden jedoch „Aufbrauch-Geschenke“ sein und keine Stehrümchen. Denn „das Weniger“ ist vielleicht auch bei meinen Freundinnen mehr?